Yannick Herbst, der Protagonist dieses Romans, ist Anfang Dreißig und ein nicht gerade erfolgreicher Stand-Up-Comedian, wie es Neu-Deutsch heißt. Er lebt in Berlin, der Stadt der Kreativen und Verrückten. Sein täglich Brot sind kleine Comedy-Veranstaltungen in provinziellen Kleinkunstvereinen. Zwischendurch versucht er sich erfolglos bei Castings für Fernsehproduktionen. Auch privat läuft es nicht eben gut, seinen Traummann hat er noch nicht gefunden. Doch dann begleitet Yannick seine Mitbewohnerin, die Fotografin ist, in den Zoo. Und dort verliebt er sich in den jungen Flusspferd-Pfleger Konrad, der nicht nur seine Fantasie beflügelt…
„Früher hieß es Komiker“, sagt seine Mutter, „aber da waren die Leute auch noch witzig.“
Genau dieser Satz macht diesen Roman zu einem guten Buch. Nicht mehr und nicht weniger. Heinz Erhardt fand ich lustig. Der hatte Wortwitz, Charme und Verve. Der frühe Otto Waalkes ebenso. Doch mit dieser Schwemme an Comedians in den letzten Jahren, die das Fernsehen und die deutschen Bühnen bevölkern, bekommt man einen Hass auf dieses Genre. Oder verdummt mit ihm gemeinsam. Wie Recht hat da Yannicks Mutter, die ihren Jungen bemitleidet und rät, sich etwas anderes für seinen Lebensunterhalt zu suchen. Yannick ist der geborene Loser. Was kann man auch anderes sein als Stand-Up-Comedian, der es noch nicht einmal in diese dämlichen Shows im Fernsehen schafft. Weil er zum Beispiel als Schwuler nicht tuntig genug ist und dem Klischee nicht entspricht. Weil er zu wenige Zoten von sich gibt. Weil er sich zu farblos und hetero-like anzieht.
Stand-Up-Comedy ist langweilig. Also muss ein Roman über Stand-Up-Comedy langweilig sein. Naja, nicht ganz. Nicht, wenn man Volker Surmann heißt. Nicht, wenn man weiß, wovon man spricht. Nicht, wenn man Humor hat, und sich gebührend über die ganzen Comedians, die sich im Fernsehen rumtreiben, lustig machen kann.
Volker Surmann lebt als Kabarettist und Comedian in Berlin. Er ist Autor für TV-Comedy, für die Siegessäule und die Titanic. Er weiß, wovon er spricht, wenn er über neurotische Comedy-Veranstalter, fiese Egomanen in der Show-Branche und die Not des noch-nicht-im-großen-Geschäft-Angekommenen schreibt.
Doch dieser Roman ist nicht nur Mediensatire und Berlin-Roman, sondern auch eine tragikomische Liebesgeschichte. Er erzählt von der Unfähigkeit, sich in einen anderen Menschen hineinzuversetzen, von der eigenen Egomanie, von der Unfähigkeit, eine Beziehung auf normalem Weg einzugehen. Er erzählt von einer Art Beziehungsunfähigkeit, die es vielleicht immer schon gab, die aber aus verschiedenen Gründen heutzutage eine immer größere Rolle spielt. Eine Beziehungsunfähigkeit, die voll von übersteigertem Anspruchsdenken und zu großem Selbstbezogenheitsdenken ist.
Yannick Herbst geht zu einem Psychologen, zurecht. Diese Einschübe über seine Sitzungen machen den Roman besonders bissig, witzig und fantasievoll. Lustig sind die verschiedenen Varianten seines „letzten Auftritts“. Gelegentlich sind allerdings die Ausflüge in die Niederungen doch zu viel des Guten, doch es lohnt sich dranzubleiben und weiterzulesen.
Der Roman „Die Schwerelosigkeit der Flusspferde“ von Volker Surmann umfasst 224 Seiten und ist im Querverlag, Berlin, erschienen. Er ist im Fachhandel für 14,90 Euro erhältlich.