Im Buchmesse Leipzig-Special im März stand uns ja Rainer Vollath Rede und Antwort zu seinem Roman „Zwei Lieben“. Nun folgt die Rezension dieses besonderen Werkes.
Der 28-jährige Fritz wird 1938 im Berliner Tiergarten von der Gestapo verhaftet und ins KZ nach Sachsenhausen, später nach Flossenbürg. Dort hilft ihm beim Überleben nur seine Liebe zu dem jungen Häftling Jan aus Warschau. Eine Beziehung, die nur dadurch möglich wird, dass Fritz von den Nazis zum Kapo gemacht wurde. Anders als in den Zwanziger-Jahren führt Fritz nach dem Krieg ein Doppelleben, weil er Angst vor Repressalien hat. Noch bis 1969 gilt der Paragraph 175, wird in diesem Jahr entschärft. Und erst zu diesem Zeitpunkt traut sich Fritz wieder aus dem „Closet“, er lernt schwule Männer kennen in einem Club und er versucht, eine Entschädigung für die im KZ erlittenen Qualen zu erhalten.
Rainer Vollath verquickt hier einerseits den Überlebenskampf im KZ und andererseits das Aufkeimen der Schwulenbewegung in der Berliner Nachkriegszeit. Die „Zwei Lieben“ sind der schon genannte Jan, den er nach 1945, als beide das KZ das Verlassen dürfen, und der Jüngere nach Polen zurückkehrt und eine Familie gründet. Und natürlich Will, den Fritz in dem neu gegründeten Club für Schwule kennen- und lieben lernt. Im reifen Alter wird es eine neue Erfahrung für ihn: die erste Beziehung zu einem Mann, ohne Angst vor Entdeckung, in alltäglicher Normalität.
Der Autor versteht es gut, die Gefühle und Gedanken, die Minderwertigkeitskomplexe eines nicht offen lebenden schwulen Mannes darzustellen, seine Gewissenskonflikte, seine Ängste, seinen Druck. Alles das führt dazu, dass er sich seinen Mitmenschen nicht äußern, niemals seine Gefühle ausleben kann. Er beschreibt minutiös die Bemühungen Fritzens diese Entschädigung zu erhalten. Dabei muss er mit der Einstellung der meisten Menschen kämpfen, die der Ansicht sind, dass Träger des Rosa Winkels nicht genauso gelitten haben wie z.B. die Schwulen. Dass dies nicht der Fall ist, beschreibt Rainer Vollath hier. Und er spart nichts aus, rein gar nichts. Er lässt keine Übeltat der Nazis im KZs aus, wie Häftlinge an einem Pfahl aufgehängt werden, wie sie malträtiert, gefoltert und auf übelste Weise erschossen oder später, als die Munition spärlicher wird, mit dem Revolverknauf erschlagen werden.
Es ist ein nötiges Buch, ein sehr nötiges Buch. Das erste überhaupt zu dieser Thematik. In den meisten Erzählungen über den Holocaust, selbst in Imre Kertész´ „Roman eines Schicksallosen“ sind schwule KZ-Häftlinge Nebenfiguren. Nur in dem Film „Bent“ bzw. in dem Dokumentarfilm „Paragraph 175“ kommen sie vor. Aber in keinem Buch. Daher muss man sich nicht nur bei Rainer Vollath, dem Autor, für dieses wichtige Werk danken, sondern auch dem Quer-Verlag, der den Mut hatte, so einen Roman zu veröffentlichen. Es war wichtig, und es ist wichtig, dass ihn möglichst viele Menschen lesen. Man kann vieles, auch viel Neues über die deutsche Geschichte aus Sicht der Homosexuellen lernen.
Rainer Vollaths Roman „Zwei Lieben“ ist ein genaues Buch, das seine Kenntnis der Geschichte bezeugen kann. Es ist ebenso ein sympathisches Buch, denn es lebt von seinen Figuren, vor allem von seiner Hauptfigur Fritz, mit der man mitfühlt und mitleidet, und der man ein Happy End wünscht.
Der empfehlenswerte Roman „Zwei Lieben“ von Rainer Vollath ist im März 2010 im Querverlag erschienen, umfasst 207 Seiten und ist für 14,90 Euro im Fachhandel erhältlich.