William S. Burroughs / Jack Kerouac: Und die Nilpferde kochten in ihren Becken

Allen Ginsberg sagt in HOWL, der kürzlich in den Kinos lied, dass er sich in Jack Kerouac verliebt hatte… Kennengelernt hatten sie sich durch Lucien Carr: Allen Ginsberg, Jack Kerouac und William S. Burroughs. Allen Ginsberg war auch der erste, der über Lucien Carr und dessen Mordtat schrieb… Doch während bei Allen Ginsberg verhindert wurde, dass er weiter darüber schreibt – sein Professor an der Uni versuchte ihn davon zu überzeugen, dass seine Erzählung darüber zu obszön sei – veröffentlichten William S. Burroughs und Jack Kerouac ihr gemeinsames Erstlingswerk über die Geschichte von Lucien Carr und David Kammerer. Allerdings auch erst sehr viele Jahre nach Beendigung ihres Werkes. Beide waren von diesem Thema sehr fasziniert, versuchten immer wieder ihr Manuskript bei einem Verlag unterzubringen. Jahrzehntelang lehnten Verlage dieses Buch ab, weil sie daran zweifelten, es verkaufen zu können…

David Kammerer war ein Lehrer in St. Louis und stand nachweislich auf sehr junge Männer, um nicht zu sagen Teenies. Er lernte Lucien Carr auf einem Jugendlager kennen und begann ihn obsessiv zu lieben, wobei er auf wenig Gegenliebe stieß. Als Carr später von Stadt zu Stadt weiterzog, verfolgte ihn Kammerer und ließ sich auch wenig davon beeindrucken, dass Lucien eine Freundin namens Celine hatte. Eines Nachts im Jahre 1944 trank Julien mit seinen Freunden in einer Kneipe, Kammerer stieß dazu und sie tranken bis zum Morgengrauen weiter. Dann gingen sie in den Park. Und da passierte es: Kammerer machte Carr eine Liebeserklärung und näherte sich ihm, und dann begann der tödlich endende Kampf.

Burroughs und Kerouac erzählen abwechselnd die Carr/Kammerer-Geschichte. Das Alter Ego von Burroughs ist dabei „Will Dennison“ und dasjenige von Kerouac „Mike Ryko“. Nun, dieser Roman, der die Tatsachen des Mordes etwas verändert, ist vielleicht nicht der beste Roman der Beat-Generation, aber trotz allem vielleicht der wichtigste, denn Experten behaupten tatsächlich, das dieser Mord die Beat-Generation hervorbrachte…

Das Buch ist aus mehreren Gründen sehr spannend: Um beim letzten zu beginnen: das Nachwort von James Grauerholz, dem Lektor dieses Werkes im englischen Original, ist sehr erhellend und spannend. Er thematisiert dabei das Schreiben und das Veröffentlichen an sich, vor allem in Bezug auf die Beatniks. Zum Roman selbst: Man muss das Schreiben der Beat Generation lieben, ansonsten erträgt man es nicht, ihre Themen, ihre lockere Art, ihre Ehrlichkeit, ihre Authentizität, die ständig thematisierte Sexualität, die Drogen… Die Leser dürfen mit auf eine Reise durch das Leben der Bohemians, er ist genötigt genauso wie die Figuren zu straucheln, verwirrt zu werden, vom Boden der Tatsachen geholt zu werden. Entweder man mag das Bohemehafte, das hedonistische Moment – oder man lässt es. Es war eine aufregende Zeit für die Beatniks: alle versuchten Künstler zu sein, auf die eine oder andere Weise, sie saßen viel zusammen, redeten über Kunst, über das „wahre Leben“, dass sie lebten, sie lebten und arbeiteten nicht, waren keine guten Mitglieder der Gesellschaft…

„Und die Nilpferde kochten in ihren Becken“ von den beiden Beatniks William S. Burroughs und Jack Kerouac ist 2010 als Deutsche Erstausgabe im Verlag Nagel & Kimche erschienen. Man sollte diese 17,90 Euro für die gebundenen 190 Seiten gerne ausgeben – es lohnt sich!

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