Wo die Jungs sind von William J. Mann

 

In „Wo die Jungs sind“ von William J. Mann geht es um folgendes: Partys feiern, sich nach Beziehungen sehnen beziehungsweise sich in solche flüchten, ebenso um äußerliche Schönheit, inneren Reichtum und ja natürlich um Sex. Die Hauptpersonen sind Jeff und Loyd, die jahrelang ein Paar waren, aber die ganze Geschichte über voneinander getrennt sind. Um Jeff herum befindet sich eine Clique, die mit ihm vor allem auf wilden Circuit-Partys feiert. Insbesondere ist sein bester Kumpel Henry zu nennen, aber auch der neue Freund Jeffs namens Anthony, den er auf einer dieser Partys kennenlernt, und dessen Geheimnis er herausfinden möchte. Bei Loyd spielt Eva vor allem eine Rolle, die sich zuerst mit ihm anfreundet und später mit ihm eine Pension eröffnet, allerdings nicht ohne viele Verwicklungen auszulösen. Vergessen darf man auch Jarvitz nicht, der bereits vor Beginn der Handlung verstorben und der eine Art Vater, Freund und Mentor des Ex-Paares Jeff und Loyd ist. Dank ihm kann sich Jeff ein Leben wie ein Boheme leisten, da er von ihm geerbt hat. Anstatt seinem Job als Journalist beziehungsweise Autor nachzugehen, macht er alles um seine Trauer zu verdrängen – er feiert wild und ausgelassen und treibt sich auf jeder Circuit-Party herum, egal ob in Montreal, New Orleans oder Miami.

Loyd und Jeff symbolisieren das Klischee des homosexuellen Paares in den Dreißigern. Der eine unreif Beziehungen zu führen, aber nie um Tipps esoterischer Art verlegen und reichlich philosophierend unterwegs, der andere viel zu oberflächlich und seine Trauer, seine Gefühle verdrängend. Sie gehen verschiedene Wege. Der erste, ein Psychologe, möchte nicht mehr praktizieren und eröffnet mit einer Freundin eine Pension in Provincetown. Der zweite geht jeden Tag ins Fitness-Studio und Kaffeetrinken mit seinen schwulen Freunden, plant stets den nächsten Party-Ausflug und flüchtet sich in die nächstbeste Beziehung, ohne jemals seinen Ex-Partner zu vergessen. Sein bester Freund Henry entfremdet sich immer mehr von ihm, als er bemerkt, dass Jeff sich nur um sich selbst kreist. Der ehemals unscheinbare Henry wiederum, der einst von Jeff entdeckt, umgestylt und ins Fitness-Studio geschickt wurde, macht seine eigenen Erfahrungen mit dem Thema Schönheit und Begehrtsein. Er arbeitet nebenher als Call-Boy und geht anfangs sichtlich darin auf, von anderen Menschen wegen seines Schönseins bewundert zu werden.

Die Figuren machen alle eine recht spannende Entwicklung durch. Sie entdecken sich allesamt neu, verändern ihre Lebensweise. Teilweise liegt es an weiteren Schicksalsschlägen, zum Beispiel als ein Mitglied der Party-Clique an einer Überdosis stirbt. Oder durch Dinge, die sie im Laufe des Geschehens von ihren Liebsten erfahren. Dadurch entwickeln sich auch die Beziehungen.

Dieser Roman ist sehr amüsant, obwohl er einige Längen hat und manche Dinge, auf die der Autor hinausmöchte, mehrmals auftauchen. William J. Mann bringt alle Themen auf, die im Leben eines schwulen Mannes in Großstädten eine Rolle spielen, bei manchem mehr bei manchem weniger. Ästhetik und Fitness beispielsweise: schwule Männer in der Szene MÜSSEN gut gebaut sein, ein hübsches Gesicht haben und auch noch die tollsten Klamotten tragen, sonst haben sie keine Chance auf dem Markt. Monogame Beziehungen führen ist ein weiteres Thema: das Klischee lautet, dass Szenehuschen nur offene Beziehungen führen können. Drogen: um Spaß zu haben, muss die Szenehusche viel Alkohol trinken, Pillen schlucken undsoweiter. Sonst ist das Leben nicht lebenswert. Schwulenhass: auch dieses Thema tritt auf, in Person von Anthony. Wie genau das geschieht, wird nicht verraten, denn da gibt es einen Spannungsbogen in diesem Buch. AIDS: auch das natürlich ein riesengroßes Thema, Jarvitz, der große Mentor ist daran gestorben. Es tauchen auch Figuren auf, die Aktivisten der AIDS-Hilfe sind und quasi die Gegenfiguren sind zur Party-Clique. Aber auch der Wert von Freundschaften und Bekanntschaften in der Szene wird thematisiert. Einige Gedanken dazu sind durchaus erhellend und interessant.

„Wo die Jungs sind“ von William J. Mann ist beim Bruno Gmünder Verlag erschienen und für 19,95 Euro im Buchhandel erhältlich.

Veröffentlicht in Buch