Ein Quantum Trost von Marc Forster

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Wie zum Hohn wurde ein ganz wundervolles Plakat auf die Litfasssäule geklebt, die den Bürgersteig vor meiner Haustür ziert: Werbung zum neuen Bond-Film mit dem ebenso ungewöhnlichen – weil Name des Spions nicht führend – wie ungeschickt übersetzten Namen „Ein Quantum Trost“. Zwei Wochen lang jeden Morgen, wenn ich verschlafen aus der Tür trat, sah ich den neuen James Bond Daniel Craig mit dem letzten Bond-Girl Olga Kurylenko, in abgewetzten Klamotten, gar nicht Gentleman- und Ladylike wie gewohnt, aber… ja, aber viel attraktiver als je zuvor. Jeden Morgen stellte ich mir eine Woche lang folgende Frage: Ist das Plakat das Zeichen, dass ich nach 15 Jahren endlich einen James Bond-Film anschauen sollte? Die Antwort wurde mir quasi von höherer Macht abgenommen.

So wurde ich Unwissender überrascht: Tatsächlich alles, was ich einst an den James Bond-Filmen verabscheute, diese smarten Agenten, die mit ihren zynischen Kommentaren jede Situation locker meisterten, die mit vermeintlich witzigen und überzeugenden Sprüchen die Frauen reihenweise ins Bett zogen, was mich sehr befremdete, da diese Typen alt und/ oder viel zu geschleckt waren und mir das gar nicht so wirklich schlüssig vorkam, dass solch hübsche Bond-Girls wie Hale Berry oder früher Kim Basinger oder Jacqueline Bisset sich so einfach verführen lassen; die merkwürdigen Ganoven, die fast wie Karikaturen wirkten und die Zeit des Kalten Krieges symbolisierten, diese merkwürdige Schwarz/Weiß-Überzeichnung der Geschichte, der Figuren, der Orte.

Ganz verschlafen hatte ich also die Entwicklung, die James Bond bereits beim letzten Streifen, dem Vorgänger „Casino Royale“, gemacht hatte. Nicht nur ein neuer Schauspieler wurde eingeführt, man hat die ganze Figur neu erfunden: einen James Bond, dem es egal ist, ob der Martini geschüttelt oder gerührt ist, ein Mann, der keinen Wert auf „coole“ Sprüche legt (waren sie das überhaupt jemals?), der nicht wie Roger Moore und Sean Connery kurz vor der Pensionierung steht, der nicht wie Timothy Dalton oder Pierce Brosnan immer wie aus dem Ei gepellt aussieht, selbst nachdem er von einem Hochhaus auf einen Laster gesprungen ist, dabei noch in der Luft mit drei Männern gekämpft und getötet hat undsoweiter, ein Mann, der das Bond-Girl nicht unbedingt verführen muss, ein Held vor allem mit Gefühlen, ein James Bond, der leidet, der nicht immer „drüber steht“, egal, was passiert, sondern sich in die Geschichte ziehen lässt, außer Kontrolle gerät, der sich rächen möchte, plötzlich ganz alleine, gar ohne Unterstützung von M, seiner „Ziehmutter“, arbeitet; M, die sich zwischendurch fragt, ob sie ihm noch vertrauen kann, ihm letztlich aber die Möglichkeit eröffnet, seinen eigenen Geheimdienst-Kollegen zu entkommen, die ihn einfangen sollen.

Mit all der Objektivität, die mir gegeben ist, also nicht sonderlich viel, setzte ich mich also in diesen schicken Kinosessel, ertrug wirkliche 35 Minuten, aber gefühlte zwei Stunden Werbung, ließ mich sogleich von der Fortführung des letzten Bond-Streifens (wie ich allerdings erst nach dem Anschauen erfuhr) in den Bann ziehen, oder vielmehr von diesen wundervollen Autos und der Landschaft. Nur die Schnitte waren nicht immer logisch und die Perspektive nicht immer passend. Das ignorierte ich erfolgreich. Wieso? Weil ich von dieser Ästhetik des Films von Regisseur Marc Forster, einem deutschstämmigen Schweizer, völlig fasziniert war. Nicht nur die Schauspieler sind attraktiv: Gab es denn jemals ein hübscheres Bond-Girl als diese Olga Kurylenko? Kritiker lästern über ihre Schauspiel-Künste, was ich nicht sonderlich verstehen kann, hat sie doch bereits einen Preis dafür bekommen. Gibt es einen besser aussehenden James Bond als den aktuellen? Ich glaube nicht; die Muskeln sehen so aus, als trainierte er jeden Tag drei Stunden im Fitness-Studio, und eigentlich ist es auch ganz egal, was er anhat oder nicht anhat, er ist immer erotisch. Die Ästhetik der Orte, an die es ihn verschlägt, ist auf verschiedene Art so schön und durchgestylt, wie das noch nie der Fall war. Ein Hotel in der Wüste, das seinesgleichen sucht, das Haus des kurzzeitigen Gefährten James Bonds, das irgendwo in Italien steht, die wundervollen Opernkulissen in Bregenz…

Der Film ist anders geschnitten als die frühen Bond-Filme, er gehorcht der neuen Videoclip-Ästhetik, die unsere heutigen Sehgewohnheiten lenkt. Aber weit gefehlt, wenn man vermutet, dass dies der Zielgruppe der 14-29jährigen geschuldet ist. Nein, auch heute ist James Bond eher etwas für die Menschen im „Mittelalter“. Nur auf den ersten Blick möchte er Jason Bourne Konkurrenz machen: Jedem ist klar, dass Bond bei diesem Kampf verlöre. Nein, Spiderman oder Batman sind jünger, agiler und können die Welt besser retten. Darum darf es nicht gehen, wenn James Bond weiter überleben möchte. James Bond lebt von der Ästhetik einer bestimmten Klasse von Menschen, die sich Luxus und Schönheit leisten kann. Darum geht es wirklich. Hübsche Frauen mit Abendkleider, Männer mit viel Macht und Smokings, Empfänge in edlen Villen und berauschenden Schlössern oder antiken Theatern, Opern-Aufführungen für die Creme der Gesellschaft, Ferienhäuser und Yachten, die mehr Quadratmeter umfassen als mehrere Familienhäuser zusammen. Dass dabei der Plot ein wenig dünn, nicht immer logisch und beizeiten geradezu undurchschaubar ist, stört nicht sehr. Man hat gemunkelt, dass die Drehbuchschreiber nicht besonders viel Zeit hatten (der Drehbuchschreiber-Streik war im Gange) und letztendlich mussten die Autoren vom letzten Mal noch einmal Hand anlegen. Nicht wichtig – diesmal. Zukunft wird James Bond allerdings nur haben, wenn die Geschichten wieder etwas substanzieller und die Gegner etwas markanter werden: Denn Mathieu Almaric, der zwar ein wundervoller Schauspieler ist, aber in seiner Rolle nicht besonders glänzen konnte/durfte, blieb etwas blass neben dem umso kraftvolleren und präsenteren Daniel Craig.

Mittlerweile ist das Plakat abgehängt und ich denke ein bisschen mit Wehmut an meine beiden Heroen: Gerne möchte ich nun die Olga im abgewetzten Kleidchen sehen und mich von Daniel Craig beschützt wissen. Und morgen werde ich mir „Casino Royale“ anschauen…

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Dream Boy von Regisseur Jimmy Bolton

 

Der Film „Dream Boy“ des Regisseurs Jimmy Bolton ist eine Adaption des erfolgreichen Romans von Jim Grimsley. Mit Zärtlichkeit führt die Geschichte in die unschuldige Welt zweier verliebter amerikanischer Teenager, die versuchen ihren eigenen Weg zu finden. Wie ein Blitz schlägt beim 15-jährigen Nathan das plötzliche Verlangen zum Nachbarsjungen, dem 17-jährigen Sportler Roy, ein. Bald stellt sich beim nächtlichen Lernen heraus, dass Nathans Gefühle überraschenderweise von Roy, der eigentlich eine Freundin hat, erwidert werden…

Wenn man „Dream Boy“ mit dem vor kurzer Zeit an gleicher Stelle vorgestellten Film „The Graffiti Artist“ vergleicht, fallen zwei Dinge auf. Zum Einen eine Gemeinsamkeit: Auch im neuen Film herrscht wieder die Stille vor. Es wird genauso wie in dem Skater-Film wenig geredet. Das meiste wird über Gesten und über kleine Beobachtungen erzählt. Das Familiendrama, das Nathan erlebt, wird mit keinem Wort erklärt, und doch weiß man alles darüber. Auch die Annäherung der beiden Hauptakteure geschieht nicht über Worte, sondern über schüchterne Blicke, bis es zum ersten Mal zu einer kleinen zärtlichen Berührung beim gemeinsamen Lernen kommt. Nathan streichelt die Hand Roys, der seine Hand zunächst wegzieht, dann aber zurücklegt und die Hand des Jüngeren hält. Zum Anderen gibt es aber einen großen Unterschied zum Vorgängerfilm: Der Film wurde ganz anders gedreht. Bei „The Graffiti Artist“ herrschte der Dogma-Style vor, was bedeutet, das alle Filme, die in diese Richtung zugeordnet werden, sich gegen die zunehmende Wirklichkeitsentfremdung des Kinos wenden und Effekte und technische Raffinessen, Illusion und dramaturgische Vorhersehbarkeit verbannen. Ganz anders nun in „Dream Boy“, das nun sehr viel konventioneller erzählt wird, in satten Farben und gestochen scharfen Bildern.

Der größte Unterschied zur Romanvorlage ist, dass im Film erst einmal viel Zeit darin verwendet wird, den Handlungsort und die Personen durch viele Bilder zu charakterisieren. Die Geschichte spielt in einem Teil der USA, das auch heute noch sehr prüde, christlich und erzkonservativ ist. Es wird von den schwülen Südstaaten, wo Trauerweiden die Straßen säumen, die Kirche eine feste Institution ist und Mütter ihren Söhnen frischen Eistee aufs Zimmer bringen, erzählt.

In diesen Südstaaten ist es immer noch ein Tabu, sich als schwuler Jugendlicher zu outen, seine Sexualität auszuleben. Generell ist es in den Vereinigten Staaten außerhalb der Metropolen sehr schwer für Jugendliche, die ihre Veranlagung bemerken, damit zurechtzukommen. Die meisten jugendlichen Selbstmörder bringen sich genau wegen dieser Nöte um. Das ist ein sehr trauriger Fakt im Jahre 2009. Viele Menschen in Deutschland gehen davon aus, dass das homosexuell sein heutzutage doch als ganz normal betrachtet werde und man wenig Angst vor Diskriminierung haben muss. Dem ist nicht so, das zeigt unser Magazin in jeder Ausgabe. Und in Deutschland ist das ja schon sehr weit im Vergleich zu vielen anderen Staaten. Auch Nathan wird Opfer dieser Diskriminierungen. Doch mehr möchte ich nicht dazu erzählen, denn ihr sollt euch den Film ja noch anschauen. Nur eines sei gesagt: Auch hier findet sich ein Bezug zu Ostern.

Jimmy Bolton konnte das Buch nicht mehr aus der Hand legen, als er den Roman von Jim Grimsley, der übrigens hervorragende Romane schreibt, bekam, um ihn als Vorlage zu prüfen. Er konnte sich sehr mit der Geschichte identifizieren. Und das merkt man dem Film an. Die beiden jungen Schauspieler Stephen Bender, der Nathan verkörpert, und sein Debut als junger Clark Kent in „Superman Returns“ gab, und Maximilian Roeg, der den Roy spielt, bieten eine sehr überzeugende Leistung. Der Film ist auf jeden Fall sehenswert, wenn auch nicht so ungewöhnlich und eindrücklich wie „The Graffiti Artist“.

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Dorian Blues von Tennyson Bardwell

 

Sehr viel interessanter und lustiger als „FAQs“ ist der mit mehreren Preisen prämierte Film „Dorian Blues“ des Regisseurs Tennyson Bardwell aus dem Jahr 2004.

Dorian Lagatos (Michael McMillan) hatte seit seiner Jugend mehrere Probleme. Er hat einen reaktionären Vater, eine schweigsame Mutter, einen Bruder, der alles darstellt, was man an der Schule sein will: Gutaussehend, beliebt, Footballstar, von Mädchen umschwärmt.

Dorian dagegen ist eher unscheinbar gutaussehend, spindeldürr, schüchtern, intellektuell, linksliberal… und schwul. Im Rückblick schildert er seine ersten Erfahrungen, den Kampf um sein Coming-Out, das unerwartete Verständnis, das er von seinem Bruder bekommt, seine Studienzeit in New York, die erste Liebe, der erste Liebeskummer und immer wieder die Auseinandersetzung mit seinem Vater, der Kampf um Anerkennung und Respekt.

Der bekennende Heterosexuelle Bardwell hat eine spritzig-witzige Tragödie gedreht. Auf den ersten Blick scheint es ja eine dieser oft gesehenen Coming-Out-Filme zu sein, doch der Regisseur schafft es, seinen besonderen Humor zielsicher einzusetzen und vor allem Kitsch und Pathos zu verhindern. Die Hauptfigur Dorian ist ein unfreiwillig komischer, viel zu reflektierter Typ, der seine ersten Erfahrungen als Schwuler sammelt. Sein Bruder, der allseits beliebte Heroe der Kleinstadt, stellt sich dann auch letztlich als sensibler und sehr liebenswerter junger Mann dar, der seinem kleinen Bruder beim Coming-Out sehr hilft. Und dann später sogar mit ihm in einen Schwulen-Club geht und dort auf Sportkameraden trifft. Er wird von Lea Coco ebenso überzeugend gespielt wie die Hauptfigur Dorian von Michael McMillian. Der gesamte Cast ist gut aufgelegt, so dass man nie das Gefühl hat, dass das ein billiger Film ist. Im Gegenteil: dieser Film hat es in das Hauptprogramm der Kinos geschafft und lässt sich zum Mainstream dazu zählen. Vielleicht ist er deswegen teilweise auch etwas zu harmlos, wenn es um Sex geht. Alles in allem ist der Film jedoch sehr sehenswert.

Dorian Blues ist bei Pro-Fun Media erhältlich.

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Mulligans – Jeder verdient eine zweite Chance von Chip Hale

 

Chase ist zu Besuch bei seinem College-Freund Tyler im Ferienhaus der Familie. Es ist Sommer, man vertreibt sich die Zeit mit Golfspielen, Grillen und eiskalten Bädern im See. Doch das scheinbar perfekte Familienidyll bekommt Risse, als Chase sich outet. Ausgerechnet in Tylers Dad brechen lange zurückgehaltene Gefühle auf, die sich prekärerweise auf den besten Freund seines Sohnes richten.

Vielleicht das interessanteste an dem Film ist die ruhige Inszenierung des Regisseurs Chip Hale, der weitgehend auf große Effekte verzichtet. Er zeichnet die Figuren weich, lässt die wunderschöne Landschaft sprechen und richtet sein Hauptaugenmerk auf kleine Gesten. Manchmal sind gut eingefangene Blicke wortreicher als Riesen-Dialoge, wie man sie teilweise aus Hollywood-Schmonzetten kennt. Eine Schmonzette ist das nämlich nicht, dieser kanadische Film, der von feinen Dialogen geprägt ist.

Für die zeichnet sich der Hauptdarsteller Charlie David verantwortlich, der das Drehbuch geschrieben hat. Ihn werden die meisten schon mal gesehen haben – entweder als Mitglied der Boyband 4Now, als Schauspieler in der Mystery-Serie DANTE´S COVE oder als Moderator des Reisemagazins BUMP!, das hierzulande auch bei TIMM TV lief.

Spannend ist auch, dass sich die Schauspieler privat kennen und sehr engagiert an diesem Projekt gearbeitet haben. Derek James wurde die Rolle von Charlie David auf den Leib geschrieben. Dan Payne und Thea Gill, die man nicht nur aus DANTE´S COVE kennt, sondern auch aus QUEER AS FOLK, spielen ihre Rollen sehr sensibel. Sehr süß ist auch die kleine Tochter der beiden im Film, die gerne Lesbe werden möchte, weil sie ihre Tennislehrerin so bewundert.

Selten übrigens erschien die Sportart Golf so sexy wie in diesem Film. Der Name „Mulligan“ bezeichnet übrigens beim Golf eine zweite Chance, die man erhält, wobei es klare Richtlinien gibt, wann man diese zugesprochen bekommt. Eine zweite Chance erhält auch der Vater in der Geschichte… Spannend sind dabei seine Szenen mit Chase. Die zarten Annäherungsversuche, der Kuss auf dem Golfplatz oder das nächtliche Baden im See.

Dieser eher ruhige, sensibel gestaltete Film ist absolut sehenswert. Weitere Informationen erhaltet ihr auch bei www.salzgeber.de.

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