Bullenklöten von Ralf König

Zwanzig Jahre ist es her. 1992. Da wurde die erste Ausgabe von „Bullenklöten“ im eigens dafür gegründeten Männerschwarm Verlag aus Hamburg veröffentlicht. Männerschwarm war bis dahin nur eine Buchhandlung gewesen, in der Ralf König schon signiert hatte und die er daher kannte. Nach seinem Erfolg „Der bewegte Mann“ aus dem Jahr 1987, der damals im Rowohlt Verlag erschienen war, wollte nun Ralf König wieder weg vom Mainstream, er wollte etwas schaffen, was „für die Szene“ war und in ihr blieb. So klopfte er bei Männerschwarm an. Die 5000 schnell gedruckten Exemplare waren bald vergriffen. So folgten recht bald die nächsten 45.000 Bücher, die ebenfalls sofort Käufer fanden. Das war die Geburtsstunde des Männerschwarm Verlages – in dem nicht nur die Bücher von Ralf König veröffentlicht werden, sondern mittlerweile Hunderte von Büchern in verschiedenen Sparten, sei es Erotik, Comic, SM, Belletristik, aber auch viele Sachbücher, gerade solche Reihen wie die Bibliothek Rosa Winkel oder Queer Lectures. 

 

Ralf König selbst sagt zu Bullenklöten: „Gerade war ich 30-jährig von Dortmund nach Köln gezogen, und das Leben bekam Speed, ich war gut und geil drauf, und das floss dann auch hemmungslos in die Geschichte von Paul und dem strunzgeilen Bauarbeiter. Fürs bayerische Landesjugendamt waren die Dödel aber zu dick: Man versuchte (acht Jahre nach Erscheinen) den Comic auf den Index zu setzen. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften entschied aber anders, nun waren die Klöten Kunst.“ 

Tja, die Bayern kann man dazu nur sagen. Aber worum geht es in Bullenklöten, also für diejenigen, die dieses Dream Team noch nicht kennen? „Bullenklöten“ wurde schon damals als erster Comic-Roman bezeichnet, damals, als man das Wort Graphic Novel noch nicht kannte.

 

Ralf König erzählt die Geschichte von Paul und Konrad, einem homosexuellen Paar. Beide Männer verlieben sich kurzfristig anderweitig. Paul schwärmt für den Bauarbeiter Ramon, während Konrad sich in seinen 17jährigen Klavierschüler Matthias verliebt. 

Der Rezensent muss gerade mal zugeben, dass er noch nie einen Ralf König Comic gelesen hat, irgendwie hat es nie so wirklich interessiert. Das muss nun nachgeholt werden. Denn dieses Buch ist sogar noch zwanzig Jahre nach der ersten Auflage so aktuell und vor allem so lustig und authentisch, dass es immer noch total Spaß macht und vor allem Lust auf mehr. Es ist eine wirklich schöne Idee vom Verlag, eine schöne, neue Ausgabe dieses Juwels, das bisher 100.000 Mal verkauft wurde, für diejenigen aufgelegt hat, an denen das vorbei gegangen ist oder die noch zu jung waren. 

 

Die im Männerschwarm Verlag veröffentlichte Jubiläumsausgabe im Hardcover „Bullenklöten“ von Ralf König umfasst 136 Seiten, kostet 15 Euro und ist im Fachhandel erhältlich. Absolut empfehlenswert für einen regnerischen Sommernachmittag, um seine gute Laune wieder zurückzubekommen.

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Duocarns – Die Ankunft von Pat McCraw

Es war eine doppelte Premiere: Das erste Ebook, das ich jemals gelesen habe – und es war nicht immer ganz einfach, ohne das Rascheln des Papiers auskommen zu müssen – UND mein erster Ausflug in die Genres Erotic Fantasy und Gay Romance. Vielleicht waren das die zwei Gründe, warum ich nicht ganz so gut in den Text gekommen bin. Aber nun zur Geschichte:

Im ersten der sieben Bände von Duocarns stranden fünf attraktive, außerirdische Duocarn-Krieger mit ihrem Raumschiff in Kanada. Schuld daran ist eine Anomalie (allerdings erfährt man über die Art der Anomalie und ihrer Herkunft im ersten Band noch nichts, vielleicht später?). Aber nicht nur Meodern, der blitzschnelle Supermann, der muskelbepackte Xanmeran, der fungizide Hybrid Tervenarius, Patallia, der Mediziner und ihr Führer und der Sternenkrieger Solutosan sind in Kanada, sondern auch ihre Feinde, die Bacanis, die sehr grausam sind, und schon nach kurzer Zeit einige Menschen auf bestialische Weise umbringen und damit mehr oder weniger bewusst eine Spur legen. Schon bald lernt Solutosan die Sozialarbeiterin Aiden kennen, die die Außerirdischen tatkräftig unterstützt, ihnen alles mögliche beibringt, was die für ein Erdenleben brauchen, den Rest erfahren sie durch das Internet. Begünstigt wird dieses Einleben auch durch ihre vielfältigen Gaben und Talente. Auch der homosexuelle Krieger Tervenarius erfährt erste Bewunderung durch den Häusermakler David. Er entzieht sich ihm anfangs, aber David lässt sich nicht abschütteln. Eine tiefgründige und sinnliche Liebesbeziehung entsteht. Der den Kriegern (den Guten!) treu ergebene Bacani-Navigator, Chrom, verliebt sich auf einer Dating-Page im Internet und landet einen Volltreffer: Er findet die Navigatorin der feindlichen Bacanis, Psal.

Schon verwirrt? Ich war es zwischendurch, denn die Autorin Pat McCraw switcht zwischen beiden Lagern hin und her, und nimmt die Perspektive der einzelnen Figuren der beiden Lager ein. Das ist einerseits spannend, weil man so alle wichtige Figuren begleiten kann, andererseits ist der Leser aufgefordert, eine hohe Denk- und Aufmerksamkeitsleistung zu erbringen. Nichts also für eine U-Bahn-Fahrt oder für den Park. Man kommt zunächst schwer in den Text hinein, weil die Figuren erst beschrieben werden müssen, und wenn man ungeübt in diesem Genre ist, dann hat man Schwierigkeiten, den Beschreibungen zu folgen, zumindest ging es mir so. Doch als ich im Lesen drin war, gefiel mir die Charakteristik der Figuren (die „Guten“ sind sehr sympathisch, bei den Bösen sorgt nur Psal für Identifikationspotenzial, die anderen beginnt man recht schnell zu „hassen“).

Der Roman ist locker und flüssig geschrieben, gewinnt gegen Ende schließlich Fahrt und wird sehr spannend – und dann hört der Band auch schon auf. Ich hätte mir gewünscht, dass der Mittelteil etwas spannender gewesen wäre. Vielleicht auch, dass der Anfang etwas klarer wäre und vielleicht doch zumindest ein bisschen die Anomalie erklären würde, die immer so ein bisschen wirkte, als ob die Autorin nicht so recht wüsste, wieso diese geschehen ist. Im ersten Band wurden viele Erzählstränge aufgenommen, die in den nächsten sechs Bänden weitergesponnen werden. Die Homo-Erotik wirkte ganz überzeugend, ich fand es jetzt nicht arg pornös, aber auch nicht sehr kitschig. Pat McCrawn sagte mir, dass der Anteil daran in den nächsten Bänden noch größer wird.

 

Die ersten drei Bände gibt es als Ebook und Printbuch bei Amazon und anderen Online-Händlern zu kaufen, 3,99 bzw. 4,99 Euro für das Ebook, 9,90 Euro für das Printbuch.

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Das mit uns von Fabian Kaden

„Wenn wir nicht frei sein können, ist DAS MIT UNS einen Dreck wert“, sagt eine der Figuren in diesem Roman zum Protagonisten. Und das spiegelt das Hauptmotiv dieses Werkes von Michael Sollorz, der unter Pseudonym Fabian Kaden erotische, um nicht zu sagen pornografische Romane beim Männerschwarm Verlag veröffentlicht, wider. Michael Sollorz kann schreiben, das hat er mit dem verstörenden Roman „Die Eignung“ bewiesen. Das zeigt er auch in diesem Buch bei Sex-Szenen, das muss man dem Autoren lassen: Sie sind niemals schwülstig oder plump, sie sind authentisch und auf den Punkt. 
Ein guter Roman also? Fangen wir bei der Geschichte an: Es geht um den jungen Daniel, er ist 22, dreizehn Jahre jünger als sein Partner Martin, den er zu Beginn heiratet. Die beiden sind sehr verschieden, der jüngere assistiert dem Älteren bei dessen Dachdeckerfirma, die der übernommen hat, ansonsten bietet er Kurse im Fitness-Studio an. Während der junge Daniel seine Freiheit braucht und noch sehr viel mehr Sex, ist Martin eher der gesetzte Typ, der es eher ruhiger und vor allem treu mag. Unpraktisch also, dass ersterer zwar sehr promiskuitiv ist, aber letzterer angeblich nichts davon weiß. Als der freiheitsliebende Daniel auf der Hochzeit dann ausgerechnet den Halbbruder von Martin namens Samir kennen lernt, beginnt die Geschichte dann richtig Fahrt zu nehmen. Denn mit Samir, der lange Jahre beim Zirkus gearbeitet hat, beginnt er eine Affäre.
Dieser Roman könnte sehr spannend sein. Er verhandelt Themen, die jeden Menschen brennend interessieren: Worauf kommt es in Beziehungen vor allem an? Was ist Liebe? Was bedeutet Verantwortung und Freiheit in einer Beziehung? Freiheit, ja, genau, seit Joachim Gauck ein größeres Thema in Deutschland denn je. Spannend ist auch, dass viele Phänomene des „schwulen Lebens“ in diesem Roman vorkommen, Gayromeo, Cruising Areas, das Verhalten in der schwulen Disko, FKK Badeseen, die scheinbar grundsätzlich von Schwulen oder alten Menschen okkupiert werden und „Fickstutenmärkte“. 
Letzteres hat den Rezensenten besonders interessiert – und hier zeigt sich auch die Finesse des Autors, der immer dann sein Können zeigen kann, wenn es darum geht Macht und Unterdrückung zu beschreiben und vor allem den Spaß, den Menschen im einen wie im anderen finden können. 
Ist „Das mit uns“ von Fabian Kaden ein guter Roman? Trotz dieser vielen guten Ansätze, trotz dieser spannenden Ausgangslage, langweilt er leider an vielen Stellen. Zu vorhersehbar sind die Ereignisse, zu klischeehaft die Konstellationen, zu unwahrscheinlich die Dialoge. Dieses Buch hätte alle Anlagen zu einer Sommerkomödie, aber letztendlich hat es doch ein wenig enttäuscht, leider.
Wer sich einen eigenen Eindruck verschaffen möchte: „Das mit uns“ von Fabian Kaden, 2012 im Männerschwarm Verlag, Hamburg, erschienen, umfasst 224 Seiten und ist für 16 Euro im Buchhandel erhältlich.
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Schmeckt wie Urlaub und macht nicht dick von Andreas Bertram

Die Hauptfigur Andy kommt uns sehr bekannt vor: Er sucht nach einem Mann fürs Leben. Das ist nicht ganz so einfach, wie viele von uns bestätigen können. Er sieht durchschnittlich aus, hat in der letzten Zeit ein bisschen zu viel Schokolade gegessen und der erfolgreichste und ehrgeizigste Mensch der Welt ist er auch nicht. Er verdient sich eher schlecht als recht seinen Lebensunterhalt mit einer Buchhandlung. Dann hat er auch noch ein Haus geerbt, um dass er sich erst einmal eher kümmern und Geld reinbuttern muss. Er wurde vor nicht allzu langer Zeit von seinem Freund, mit dem er mehr als zwei Jahre zusammen war, verlassen. In dieser Situation wärmt er wieder eine alte Affäre auf, und zwar mit dem attraktiven Seifenopern-Star Manuel, obwohl dieser ihm vor ein paar Jahren schon einmal sein Herz gebrochen hatte. 
Gleichzeitig lernt er auf kuriose Weise den netten Polizisten Robert kennen, der der perfekte Partner für ihn wäre – wenn Andys Herz nicht immer noch an Manuel hinge. Das wäre schon genug für den armen Protagonisten, aber dann findet er sich durch seinen besten Freund Nils in einem turbulenten Eifersuchtsdrama wieder, in dem ein Haare schneidender Latino-Sexgott, ein russisches Busenwunder und eine Transgender-Wahrsagerin eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Ist das eine queere Version eines Rosamunde Pilcher-Romans? Ja und nein. Ja, in dem Sinne, dass der Roman zwar Schmonzetten-Anteile hat: Zum Beispiel ist da Manuel, der Sohn eines Ministers ist, verbotene Liebe, reiche Leute aus der bayrischen Provinz. Auch die Geschichte um Nils mit der Eifersucht rund um den Prominenten-Friseur, der sein Fast-Gatte ist, könnte aus einer frischen Sommerkomödie im Zweiten stammen. Ja, wenn die Konstellation heteronormativ wäre. Nein, weil der Roman auch brisantere Themen behandelt: Wie Homophobie, Mobbing, Gewalt gegenüber Homosexuellen in der Provinz, Abweisung aus religiösen, parteilichen oder familiären Gründen.
Der Roman liest sich leicht, eine tolle Lektüre für U-Bahn-Fahrten, für den Strand oder für das Bett – also vor dem Schlafengehen eben. Es sind 400 meist rasante Seiten, man merkt sofort, dass Andreas Bertram ein Drehbuch-Autor ist. Es ist immer ein sehr schmaler Grat, auf dem er sich bewegt: Ist das Benutzen der Klischees noch Ironie und absolute und gewollte Überzeichnung? Oder rutscht er manchmal aus Versehen da hinein? 
Besonders hervorzuheben ist, dass der Autor geschickt Wendungen einbaut, die den Roman von Anfang bis Ende spannend machen. Ich meine damit die „terroristischen“ Anteile, die nicht nur kriminell sind, sondern vor allem amüsant. Wenn man keine große Literatur erwartet, sondern einfach nur unterhalten werden möchte, und zwar auf nicht unintelligente Weise, dann darf man diesen Roman getrost in die Hand nehmen und sich darin verlieren.
Andreas Bertrams „Schmeckt wie Urlaub und macht nicht dick“ ist im Querverlag, Berlin 2012, erschienen, umfasst 408 Seiten und ist für 14,90 Euro im Handel zu kaufen.
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