Die Hauptfigur Andy kommt uns sehr bekannt vor: Er sucht nach einem Mann fürs Leben. Das ist nicht ganz so einfach, wie viele von uns bestätigen können. Er sieht durchschnittlich aus, hat in der letzten Zeit ein bisschen zu viel Schokolade gegessen und der erfolgreichste und ehrgeizigste Mensch der Welt ist er auch nicht. Er verdient sich eher schlecht als recht seinen Lebensunterhalt mit einer Buchhandlung. Dann hat er auch noch ein Haus geerbt, um dass er sich erst einmal eher kümmern und Geld reinbuttern muss. Er wurde vor nicht allzu langer Zeit von seinem Freund, mit dem er mehr als zwei Jahre zusammen war, verlassen. In dieser Situation wärmt er wieder eine alte Affäre auf, und zwar mit dem attraktiven Seifenopern-Star Manuel, obwohl dieser ihm vor ein paar Jahren schon einmal sein Herz gebrochen hatte.
Gleichzeitig lernt er auf kuriose Weise den netten Polizisten Robert kennen, der der perfekte Partner für ihn wäre – wenn Andys Herz nicht immer noch an Manuel hinge. Das wäre schon genug für den armen Protagonisten, aber dann findet er sich durch seinen besten Freund Nils in einem turbulenten Eifersuchtsdrama wieder, in dem ein Haare schneidender Latino-Sexgott, ein russisches Busenwunder und eine Transgender-Wahrsagerin eine nicht unbedeutende Rolle spielen.
Ist das eine queere Version eines Rosamunde Pilcher-Romans? Ja und nein. Ja, in dem Sinne, dass der Roman zwar Schmonzetten-Anteile hat: Zum Beispiel ist da Manuel, der Sohn eines Ministers ist, verbotene Liebe, reiche Leute aus der bayrischen Provinz. Auch die Geschichte um Nils mit der Eifersucht rund um den Prominenten-Friseur, der sein Fast-Gatte ist, könnte aus einer frischen Sommerkomödie im Zweiten stammen. Ja, wenn die Konstellation heteronormativ wäre. Nein, weil der Roman auch brisantere Themen behandelt: Wie Homophobie, Mobbing, Gewalt gegenüber Homosexuellen in der Provinz, Abweisung aus religiösen, parteilichen oder familiären Gründen.
Der Roman liest sich leicht, eine tolle Lektüre für U-Bahn-Fahrten, für den Strand oder für das Bett – also vor dem Schlafengehen eben. Es sind 400 meist rasante Seiten, man merkt sofort, dass Andreas Bertram ein Drehbuch-Autor ist. Es ist immer ein sehr schmaler Grat, auf dem er sich bewegt: Ist das Benutzen der Klischees noch Ironie und absolute und gewollte Überzeichnung? Oder rutscht er manchmal aus Versehen da hinein?
Besonders hervorzuheben ist, dass der Autor geschickt Wendungen einbaut, die den Roman von Anfang bis Ende spannend machen. Ich meine damit die „terroristischen“ Anteile, die nicht nur kriminell sind, sondern vor allem amüsant. Wenn man keine große Literatur erwartet, sondern einfach nur unterhalten werden möchte, und zwar auf nicht unintelligente Weise, dann darf man diesen Roman getrost in die Hand nehmen und sich darin verlieren.
Andreas Bertrams „Schmeckt wie Urlaub und macht nicht dick“ ist im Querverlag, Berlin 2012, erschienen, umfasst 408 Seiten und ist für 14,90 Euro im Handel zu kaufen.