Den Jungs geht´s gut von John Preston

 

Im Werk von John Preston geht es um das amerikanische Schwulen-Mekka Provincetown, das schon in den Sechziger-, Siebziger- und Achtzigerjahre ein Eldorado für die Schwulen war, die von überall her anreisten, um dort den Sommer zu verbringen. Im Mittelpunkt der Geschichten steht Franny, eine „auberginenförmige Transe“. Sie versammelt Bodybuilder, Tunten und Ledermänner um sich, die alle in diesem Buch zu Wort kommen. Franny kämpft darum, dass es ihren Jungs immer gut geht, egal was passiert. John Preston lässt in den einzelnen Stimmen die Geschichte der homosexuellen Befreiung Amerikas Revue passieren.

John Preston wurde in den 1950er Jahren in Medfield, Massachusetts geboren. Er begann seine Schriftstellerlaufbahn als Autor pornografischer Erzählungen in schwulen Monatsmagazinen, die ihn zwar als „Mr. S/M“ schnell berühmt machten, aber auch als „Schmuddelkind“ des schwulen Literaturbetriebs abstempelten. Als Mitherausgeber des renommierten „Advocate“ und Herausgeber zahlreicher Anthologien erwies er sich in den späten 1980er Jahren als einer der fruchtbarsten schwulen Publizisten Amerikas. Preston starb 1994 an den Folgen von Aids. Er stellte sich bewusst gegen den Violent Quill Club, einer Vereinigung von schwulen Autoren. Sie waren ihm zu elitär. Er wollte Literatur für alle verschiedenen homosexuellen Männer. Mit diesem Werk sagte er diesen elitären Herren: „Ihr könnt mich mal!“

Es ist zugegebenermaßen kein großes Buch, doch lesenswert ist es allemal. Wieso?

Gerade in diesen Zeiten, in denen viele homosexuelle Männer in Deutschland sich in absoluter Freiheit wähnen, in Großstädten wie Frankfurt händchenhaltend durch die Stadt laufen können, beim CSD mit den schrillsten Outfits auftreten können, tagelang feiern und im Zentrum des Interesses sind, tut es Not, in die Vergangenheit zu reisen. Als dies alles nicht so selbstverständlich war, als man nicht „Queer as folk“ und „L-Word“ oder „Sex and the City“ anschaute. Als man noch nicht die Trends für die ganze Gesellschaft setzte, als es noch nicht chic war, schwul zu sein.

Auch heute gibt es viele Benachteiligungen und Diskriminierungen, die homosexuelle Menschen auf der ganzen Welt erleiden müssen. Der Kampf ist noch nicht beendet. Aber viele schwule Männer versperren diesen Blick davor. Franny, die Hauptperson dieser Geschichte, wendet ihren Blick nicht ab. Nein, sie hilft jungen, aber auch älteren Schwulen bei ihrem Leben, bei ihrem Kampf, einen anderen Status für die gesamte Minderheit zu erlangen. Sie macht den Menschen Mut, diese tapfere Transe, sie opfert sich letztendlich auf, in einer Pension, die sie mit ihrer Kollegin, einer erfolgreichen Show-Transe, in der sie eine Auffangstation für an AIDS-erkrankte Männer aufbaut. So wie sie ihr ganzes Leben schon, Menschen aufgebaut, sich um sie gekümmert und sich aufgeopfert hat, tut sie dies auch in den letzten Monaten dieser todkranken Männer.

Eines Tages kauft  sich Franny einen bildhübschen rosa Angora- Pullover, der ihr wahnsinnig gut gefällt. Er ist letztendlich Schuld an ihrem ersten Aha-Effekt, der ihr weiteres Leben prägt, als sie nämlich in einem Park, durch den sie läuft, von jungen Männern als „Schwuler“ und „Tunte“ und „Trine“ beschimpft wird.

Aber dann schaltete ich. Ich hatte mich bucklig geschuftet, bis sich das Trinkgeld zusammengekratzt hatte, um den Pullover zu kaufen. Verdammt, was war denn in mich gefahren, dass ich mir von ein paar Rotznasen, die sich noch nicht mal rasieren mussten, verbieten ließ, ihn anzuziehen? So weit kam es noch! Also reckte ich das Kinn und stolzierte mit hoch erhobenem Kopf an ihnen vorbei. Seitdem hab ich mich nie mehr klein gemacht. Na schön, dachte ich bei mir, wenn ich sowieso schon so weit rauswagst, kannst Du doch gleich mal nachsehen, ob’s da draußen noch mehr gibt so wie dich.

Dies denken sich auch heute noch viele Teenies in unseren Schulen, insbesondere in kleineren Städten und Dörfern. Noch ist es nämlich schwierig, sich öffentlich zu outen, insbesondere als Junge mit Migrationshintergrund oder aus einer niederen Sozialschicht. Der Kampf ist noch nicht beendet. Feiern ist schön und gut, das machen die Helden aus diesem Buch auch, und es gehört sogar zu ihrem Programm. Wie in der Szene, als Polizisten eine Razzia in einem Club machen möchten, und jeden einsperren möchten, der mit einem anderen Mann tanzt. Sie wehren sich und letztendlich verschwinden die Polizisten. Ein kleiner Sieg. Solche kleinen Siege sind noch heute nötig. Aber so wie man deutschen Menschen seit jeher sagt, man solle einen Blick in die Geschichte dieses Volkes werfen und für die Zukunft lernen, lege ich auch jedem Schwulen die Lektüre dieses Buches nahe, gerade auch wegen des Vorwortes.

Dieses Buch ist keine große Kunst, aber es ist die Geschichte der Schwulen, es ist kämpferisch, hoffnungsvoll und damals, als es zuerst in Amerika veröffentlicht wurde, eine mutige Kampfansage an die konservativen Kräfte.

Der Roman Buch  „Den Jungs geht´s gut – Geschichten aus Provincetown“ von John Preston umfasst 155 Seiten, ist im Männerschwarmverlag erschienen und für 14 Euro in kartonierter Version im Fachhandel zu beziehen.

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