Heim & Garten von Victor Aadlon

 

In diesem Roman geht es um einen Menschen, der mit sehr viel Erfolg in der Werbebranche arbeitet. Eines Arbeitstages stellt er sich die Frage nach dem Sinn dieser Arbeit. Er beschließt sich erst einmal auszuruhen und fährt in Urlaub, um einen völligen Zusammenbruch zu verhindern. Doch gerade in diesem Urlaub ereilt ihn dieses Schicksal dann doch. Er beginnt eine Reise in die Kindheit. Zunächst in Gedanken und Erinnerungen, die ihm einkommen. Später entscheidet er sich, tatsächlich nach Hause zu fahren, seine Vergangenheit aufzusuchen. Er besucht seine Oma, spricht mit seiner Mutter. Letztlich macht er sich auf den Weg, seinen verhassten Vater in dessen neuem Zuhause zu treffen. Als er wieder in sein altes Werbeleben in Hamburg zurückkehrt, entscheidet er, dass er einen ganz neuen Weg gehen muss und fängt ein ganz neues Leben an.

So ungefähr müsste die Geschichte lauten, die in diesem Werk geschrieben steht. Es könnte allerdings auch ganz anders sein. Aber dazu später mehr.

In seinem viel beachteten Debut „Alles im Fluss“ geriet Victor Aadlons erfolgreicher Werbemann Carl in die Midlife-Krise. „Heim & Garten“ erzählt wie es weitergeht.

Victor Aadlon, der mit bürgerlichem Namen Paul Kremp heißt und aus dem Saarland stammt, hat in diesem Roman viel vor. Nur was? Ich weiß es nicht. Aber gehen wir das mal schrittweise an. Zunächst geht es ihm darum mit seinem Werk die Werbesprache aufzunehmen und teilweise zu persiflieren. In jedem Kapitel hat er mehrere Passagen a la:

Denn trotz Föhn in München, sengender Sonne in der Luft und feinem Nieselregen mit Sturmböen in Hamburg sitzt seine Frisur überhaupt nicht mehr richtig.

Dass er sich über die in der Werbebranche angehäuften Anglizismen und das fast schon zerstörte Deutsch machen möchte, zeigt er in der Textstelle, die Jil Sander zugeschrieben bekommt:

„Mein Leben ist eine Giving-story. Ich habe verstanden, dass man contemporary sein muss, das Future-Denken haben muss. Meine Idee war, die Handtailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, dass man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problem-bewusste Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit, auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muss Sinn haben für das effortles, das magic meines Stils.“

Kaum gelesen wollte ich mein heiß geliebtes Jil Sunder Sun aus dem Bad-Fenster schmeißen, ließ es aber und erinnerte mich an mein Sprachwissenschaftsseminar und daran, dass solche Texte vor Hunderten von Jahren mit französischen Einsprengseln geschrieben wurden, als man Alamode sprach, das heißt im Stile des französischen Adelshofes.

Aber in diesen Textteilen verstand ich wenigstens, worum es ging, wer der Erzähler ist, was das alles soll. Schwieriger wird es, wenn es einen Dialog gibt und man weiß nicht so genau, wer der zweite Part daran ist:

Also mir war´s auch schummrig, wir haben ja ganz gut getrunken!

Klaus, was willst du denn hier? Dein Auftritt ist doch noch gar nicht!

Ich sag ja nur, beim Essen zwei Flaschen Rotwein und nachher noch an der Strandbar, doppelte Espresso und Brandy. Wie viel waren das?

Klaus, davon weißt du doch offiziell noch gar nichts! Du bringst die ganze Geschichte durcheinander!

Ach was, jetzt bin ich schon mal da, jetzt kann ich´s auch sagen. Zwei Flaschen Wein, vier doppelte Espressi und fünf Brandy, pro Person! Das ist schon heftig. Ich lief auch ´n bisschen gegen die Dünung!

Klaus, danke, nachher mehr!

Und wer ist nun Klaus? Das weiß man zu dem Zeitpunkt nicht. Abgesehen davon sind in diesem Abschnitt einige kleine sprachliche Fehlerchen zu erkennen, die die Lektorin oder der Lektor übersehen haben muss. Übrigens schon das zweite Mal, denn dieser Roman war schon im Jahre 2001 beim Männerschwarmverlag verlegt worden. Und letztendlich: Was soll denn dieser Schwachsinns-Dialog überhaupt in diesem Text? Bei mir fing nicht erst da die Konfusion an! Wer sind die Figuren dieses Romans? Was machen sie? Wieso ständig irgendwelche Beschreibungen und Diskurse, die zu nichts führen? Kaum vorstellbar, dass viele Menschen nach den ersten dreißig Seiten noch weiterlesen. Ich möchte nicht von Autoren auf diese Weise angesprochen werden:

„Ei, ei, ei“, ruft hier der aufmerksame Leser dazwischen und macht ein großes Fragezeichen an den Seitenrand. Aber wir wollen doch nicht vergessen, dass die schönsten Sprichwörter ziemlich sinnfrei sind Warum also nicht einmal was, das toll klingt, einem über eine Depression hinweghilft oder wenigstens eine auslöst?

Autoren führen permanent einen Dialog mit ihren Lesern, sonst müssten sie nicht schreiben. Wieso dann so eine explizite Ansprache? Das klingt nur ungeschickt und hohl. Am liebsten würde ich Herrn Aadlon einen Brief schreiben und mitteilen: Meine Aufmerksamkeit und meine Aufnahmefähigkeit habe ich ungefähr auf Seite dreiundzwanzig eingebüßt. Und ungefähr vierundzwanzig Fragezeichen hatte ich bis zu dieser letztgenannten Stelle auf Seite fünfundfünfzig an den Seitenrand gemalt.

Nein, dieses Buch ist nichts für schwache Nerven, eher für experimentierfreudige Masochisten. Ich bitte jeden Menschen, der dieses Buch liest und dem es gefällt, bei Radiosub anzurufen. Diese Menschen müssen ganz besonders an und ich WILL sie kennenlernen. BITTE BITTE. Dies ist ernstgemeiner Aufruf.

Aber macht euch selbst einen Eindruck von dem Buch:

Der Roman „Heim & Garten“ von Victor Aadlon ist beim Männerschwarm-Verlag erschienen, umfasst 207 Seiten und ist für zwölf Euro im Fachhandel erhältlich.

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