In meinem Spanienland von Gabi Kreslehner

 

Nun, da saß ich in der Bahn und las und war einfach traurig und legte das Buch weg und dachte an den schönsten Mann der Welt, weil ich den ja zwei Tage nicht sehen würde, und kehrte wieder zu Carmen zurück und litt mit „dem Mensch“ mit und die Tränen kamen mir und ich saß da im Pendlerverkehr und es war schon ein bisschen peinlich, ach, was dachte ich mir, Gefühle zeigen ist nicht peinlich, und wenn das ein Buch schafft, dass die Tränen hervorgequetscht werden, dann muss das ein gutes Buch sein, so dachte ich mir, und dann dachte ich wieder an den schönsten Mann der Welt und wusste, dass ich großes Glück habe und dass das gerne so bleiben darf….

Manchmal gibt es Bücher, die einen berühren, manchmal ist es der Inhalt, der einem so rührig daherkommt, manchmal ist es die Sprache, die einen baumeln lässt, die einen fängt, die einen durchschüttelt, die einen erregt, beschäftigt, durchdringt, wühlt und auskotzt… So eines ist Gabi Kreslehners „In meinem Spanienland“, so eines ist das, ja, auf jeden Fall!

Juli träumte vom Fliegen, lief durch die Stadt und träumte vom Fliegen hoch in der Luft, hoch über dem Boden, wie die Vögel so weit und hinein in den Himmel und über die Wolken hinaus und weiter und weiter und müde werden niemals und niemals sich ausruh´n!
Juli träumte vom Fliegen und endlich beschloss sie, es endlich zu tun. Ich fliege, sagte sie zu Carmen, hoch zu Klara. Ich fliege euch davon, sagte sie zu Daniel und allen, die es hören wollten. Die lachten sie aus. Die Juli, lachten sie, ach, die Juli will fliegen. Wohin denn? Wie denn? Juli! Willst fliegen und fliegen und weißt nicht, wie´s geht! Juli nickte. Doch weiß ich, wie´s geht! Juli ging durch die Straßen, langsamen Schrittes, heim in die Wohnung im fünften Stock, hoch zum Dachboden, da sperrte sie auf, da ging sie zur Dachluke, da steig sie hinaus. Die Frühherbstwinde wehten, hoben sie hoch, ließen sie fliegen.

Was macht dieses Buch zu einem, das an dieser Stelle unbedingt besprochen, von Radiosub unbedingt empfohlen werden muss? Mir würde diese ungewöhnliche Sprache ausreichen, die diese gewöhnliche Geschichte zu einer besonderen macht, diese Sprache, die keine Vorurteile und keine Wertungen kennt, die einfach erzählt, ohne moralisch zu werden, obwohl so viele unmoralische Thematiken beschrieben werden. Doch mehr als das ist die Freundschaft zwischen Stefanie, der Mutter von Carmen, und dem schwulen Polizeiwachtmeister relevant für Radiosub. Eine Freundschaft, die im Laufe des Buches immer mehr Raum einnimmt, weil Stefanie ihn als einzige akzeptiert in diesem österreichischen Kaff, ihn unterstützt, bis er in den Armen von Paul, einem Physiker, seine große Liebe findet. Er, der Polizist, der von seinen Kollegen veralbert wird, ob seiner Homosexualität, und bestaunt wird, weil er so viel mit Stefanie, dem tollen Weib zu tun hat, das alle bewundern.

Die Autorin fragte mich, ob sie sich Klischees bedient hat, als sie die Geschichte der beiden Liebenden erzählt, ob sie etwas geschrieben hat, das mich als Homosexuellen abstoßen könnte, entweder weil es nicht der Realität entspräche oder weil es mich beleidigen könnte. Aber nein, musste ich antworten, aber nein, nirgends ist das Buch wertend, auch hier nicht. Doch lenken wir unser Augenmerk auf die größte Besonderheit dieses Buches, der poetischen Sprache, der wirklichen Besonderheit, der glücklich machenden:

Juli, hab ich gefragt, sagt Carmen, Juli, meine Juli, hast du den Mond berührt und die Sterne und haben sie dich kühl gemacht und ruhig?
Juli, meine Juli, hab ich gefragt, sagt Carmen, hab ich geflüstert und gebrüllt, Juli, meine Juli, warum und weshalb nicht geblieben und Träume sind zum Träumen und sonst doch zu nichts!

In meinem Spanienland der Österreicherin Gabi Kreslehner ist im Picus-Verlag erschienen, und zwar im Februar 2010, umfasst gebundene 197 Seiten und kostet 19,90 Euro.

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