Loggerheads von Tim Kirkman

 

„To be at loggerheads“ heißt im Deutschen „untereinander zerstritten sein“. Unter „loggerheads“ versteht man im englischen Sprachraum umgangssprachlich aber auch Dummköpfe. Die unechte Karettschildkröte wird in Amerika „loggerhead sea turtle“ genannt.

Und diese Loggerheads beobachtet in einem kleinen Badeort an der Küste von North Carolina der junge Drifter Mark Nacht für Nacht. Hier In Kure Beach erhält er dadurch nicht nur die Aufmerksamkeit des Polizisten, sondern auch die des homosexuellen Motelbesitzers George. Beide haben sie Geheimnisse. Mark, der etwas schüchtern, rastlos und sensibel wirkt, trifft auf den einfühlsamen George, der eine lange Zeit der Trauer hinter sich hat. Sie nähern sich langsam an.

Zur selben Zeit macht sich die leibliche Mutter von Mark auf die Suche nach ihm. Sie hatte ihn zur Adoption freigegeben, als sie mit siebzehn Jahren schwanger geworden war, weil vor allem ihre Mutter es ihr nicht zutraute, für das Kind sorgen zu können. Nun hat sie eine schwierige Phase mit Depressionen hinter sich und möchte endlich Kontakt zu ihrem Sohn aufnehmen.

Elizabeth und Robert wiederum sind die Adoptiveltern von Mark. Sie hatten ihn, als er siebzehn war, aus dem Haus geworfen, weil sie ihn küssend mit dem Jungen der Blumenhändlerin erwischt hatten. Robert ist Pfarrer und wertkonservativ. Er verbietet seiner Frau, den Kontakt zu ihrem Adoptivkind aufzunehmen. Eine Nachbarin, mit der Elizabeth schon seit Jahren im Clinch liegt, erzählt ihr von Mark und seinem Aufenthaltsort…

Diese drei Erzählstränge werden ineinander verwoben, ähnlich wie in Filmen des Altmeisters Robert Altmann oder in dem Film „5 x 2“ von Francois Ozon. Wann welche Geschichte spielt, wird durch kleine Einspielungen dargestellt. Die helfen allerdings ehrlich gesagt nicht viel weiter. Es ist schwierig, in diesen Film hineinzufinden, und teilweise erwartet man bestimmte Dinge, die gar nicht eintreffen können, weil es zeitlich nicht hinhaut.

Doch nicht nur diese Tatsache lässt einen etwas uninteressiert und unberührt zurück. Alles an diesem Film bleibt blass, nichtssagend. Nicht einmal die im Grunde genommen sehr traurige Geschichte um die leibliche Mutter kann berühren. Keiner der Schauspieler zeigte eine ernst zu nehmende Leistung. Besonders der Hauptdarsteller Kip Pardue glänzt tatsächlich nur durch schönes Aussehen und einen tollen Körper, aber sicherlich nicht durch Charakter. Seine Mimik beschränkt sich auf traurig schauen. Zu wenig für einen Film über einen jungen Mann, der HIV-positiv ist und aus vielen verschiedenen Gründen innerlich zerrissen ist. Genauso müde und lustlos spielen die anderen Darsteller, die teilweise ganz gute Schauspieler sind. Chris Sarandon ist da zu nennen oder auch Bonnie Hunt.

Schleierhaft bleibt dem Zuschauer, wieso ein solcher Film, der gleich nach dem Anschauen vergessen wird, drei Preise für den besten Spielfilm erhalten konnte, bei den Festivals in Nashville, Florida und gar in Los Angeles. Tim Kirkman führte nicht nur Regie, sondern schrieb das wenig überzeugende Drehbuch, das nach einer wahren Begebenheit konstruiert wurde. Ist das nun amerika-feindliche Kritik des Redakteurs? Nein, sicher nicht, auch Saturno Contro kam an dieser Stelle nicht gut weg, immerhin der Gewinner des Publikumspreises vom Verzaubert-Film-Festival. Preise sagen häufig nicht viel über die Qualität eines Filmes oder eines Schauspielers aus.

Kunst ist sehr subjektiv, und der eine oder die andere wird von diesem Film gerührt werden. Die eine oder der andere wird vielleicht sogar die Metapher der Loggerheads-Schilkröten, die ja aussterben, wundervoll finden. Wie bedeutungsschwer undsoweiter. Blödsinn! Es ist einfach nur platt. Auch die Geschichte um den Motelbesitzer, der ein armer, sensibler Witwer ist, ist so Klischee. Das macht alles keinen Spaß.

Wenn dem geneigten Zuhörer Strandbilder, muskulöse Oberkörper und platte, klischeehafte Geschichten gefallen, sollte er dringend diesen Film im Fachhandel erwerben.

Dieser in den USA im Jahre 2005 gedrehte Film ist bereits Ende 2006 bei Pro-Fun Media erschienen. Übrigens gab es eine deutsche Beteiligung an dem Film. Der Kameramann heißt Oliver Bockelberg.

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