Weekend Sex von Mario Dieringer

 

Der Autor Mario Dieringer will mit seinem Buch „Weekendsex“ unterhalten, aber auch helfen. Deshalb stellt er die Erlöse aus dem Verkauf der Jahre 2008 und 2009 in vollem Umfang dem Verein bHIVore e.V. zur Verfügung.

Doch bevor der Autor dazu mehr sagen darf, möchte ich sein Buch vorstellen. Dank seiner Kürze von 124 Seiten, habe ich hier die Möglichkeit, auf viele der Texte einzugehen. In der ersten Geschichte befinden wir uns in einer U-Bahn und beobachten die Menschen, die hineinkommen. Bald sehen wir uns einem Hetero-Pärchen gegenüber, das aus einer schlechten RTL 2-Sendung entstiegen sein könnte. Die Frau trägt schwarze Leggings und hat ein ganz tief ausgeschnittenes Dekolleté, das nur das Nötigste verdeckt. Dicke Lippen, ein Überbiss sonders gleichen und eine blonde wallende Löwenmähne. Dem Mann kleben die langen fettigen Haare am aufgerissenen Kragen der Lederjacke. Er trägt eine knallenge Jeans, ein verblichenes T-Shirt über der Hühnerbrust und spitze, schwarze, ausgelatschte Cowboystiefel. Lautstark reden die beiden über Ihr Sexualleben, so dass es schwer fällt, es nicht mit anzuhören. Die unfreiwilligen Zeugen dieser Unterhaltung verlassen traumatisiert und verstört die U-Bahn. Nicht weniger amüsant ist die Geschichte „Das erste Mal“, in der ein fünfundzwanzigjähriger Mann davon berichtet, wie seine Versuche scheitern, das erste Mal in seinem Leben mit einem Mann Sex zu haben. Mario Dieringer schildert lustig und mit sehr viel Wiedererkennungswert diese Erlebnisse.

Weekendsex beschreibt die Summe der gesammelten Erfahrungen in der grotesken Realität unser aller Tages- und Lebensabläufe. Dabei hat er ein besonderes Augenmerk auf die Tatsache gelegt, dass Menschen in der heutigen Zeit sehr viel Zeit mit neuen Medien verbringen.

Dieringer glaubt zu Recht, dass die neuen Medien unser Leben auf noch ungeahnte Weise verändert haben. Die Wissenschaften müssen erst erforschen, inwieweit sich bereits jetzt, eine Realität entwickelt hat, die sich von der vor zwanzig Jahren grundlegend unterscheidet. Wie verlieben sich beispielsweise Menschen heutzutage? Die Geschichten über Menschen, die sich aus dem Internet kennen, und sich als Paar bezeichnen, obwohl sie sich noch nie im wahren Leben begegnet sind, häufen sich. In den Augen von jüngeren Menschen wird hier kein Qualitätsunterschied zur gewöhnlichen Art des Kennenlernens bemerkt. Unsere Realität hat sich bereits gewandelt. Geschichten wie in „Gut gegen Nordwind“ von Daniel Glattauer sind heutzutage möglich. Menschen bauen sich eine Parallelwelt auf, in der sie aufblühen können.

Bei Schwulen ist die Plattform, in der sie diese Parallelwelt aufbauen, Gayromeo. Hier möchten sie ihren Mann fürs Leben kennenlernen, sich einen Freundeskreis aufbauen und meistens einfach ihren Trieben nachgehen und ein Sex-Date ausmachen. Die Möglichkeiten, sich interessant und attraktiv zu machen, sind zahlreich: Bilder vom besten Stück zählen dazu, aber auch kreativ ausgedachte Headlines. Die witzigsten, interessantesten oder sexuellsten Beispiele hat Mario Dieringer in den Zwischentexten Headlines 1 – 6 zusammengetragen.

„Wenn ich online bin, suche ich meist ein livedate am liebsten Outdoor oder bei mir in meiner Nähe. Bin gerne passiv“ – „Alles kann nix muss“ – „Mens Sana in Campari Soda“ – „Sei geweckt, Du Interesse, Du!“ – „Echte XXL Hengste gesucht“ – „Was ich hier will, finds heraus!“ usw.

Im letzten Text „Log out“ beschreibt Dieringer, wie sich ein Mensch fühlt, der sich in diesem Forum bewegt, mit welchem Frust er zu kämpfen hat. Am Ende trifft er für sich die Entscheidung, dem Ganzen zu entfliehen und sich wieder der herkömmlichen Art, jemanden kennenzulernen, anzunähern.

In weiteren Texten beschäftigt sich der Autor mit vielen Themen, die den schwulen Mann von heute bewegen: In „Partnertest“ gibt er Tipps, worauf man achten sollte, wenn man einen potenziellen Beziehungspartner kennenlernt. In „Affäre“ berichtet er den Alltag eines Mannes, der Geliebter eines Menschen ist, der in einer Beziehung lebt. In „Erinnerungsbilder“ erzählt er vom nächsten Morgen nach einem Besäufnis, das zum Filmriss führte. „Heiratswillig“ begeistert mit der witzigen Schilderung eines stressigen Alltags eines Mannes, der verzweifelt auf der Suche nach seinem Mister Right ist. Letztendlich bemerkt er, dass er doch in Wirklichkeit nur seinen Spaß sucht. Die „Scheiß Bratwurst“ beendet eine Beziehung? Nun, Mario Dieringer reflektiert in diesem Text, wie es zum Ende einer Beziehung kommt, und erklärt, dass manchmal Kleinigkeiten zum Ausbruch führen. Eine altbekannte Weisheit, die aber immer wieder neu gefühlt wird.

Das Buch wird aufgelockert durch Gedichte und Karikaturen des Autoren, die das kleine Sammelsurium von Alltagsbeobachtungen liebevoll komplettieren.

Erschienen ist das Buch unter der ISBN: 3837067602 im BoD-Verlag und kostet 11,99 Euro. Erhältlich ist es im regulären und im Online-Buchhandel.

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